Seit einiger Zeit tauchen sie immer öfters auf, die Reiseradler unterwegs mit ganz wenig Gepäck, welches sie in Rahmentaschen an Mountain Bikes transportieren. Dafür unterwegs auf Strecken wo man sonst eher Trekkings unternimmt.

Bikepacking...was soll das? Einfach ein neuer Trend?

Die Reisevelo Szene ist bestimmt nicht dafür bekannt, besonders innovativ zu sein mit neuen Trends jedes Jahr. Ganz im Gegensatz zum Beispiel zum Mountain Biken.

Das ist auch gut so. Gewisse Sachen haben sich nun mal über die Jahre bewährt. Bei einem Reisevelo geht es ja in erster Linie auch um Langlebigkeit und definitiv nicht um kurzlebige Trends. In den letzten Jahren habe ich für meine langen Reisen mehrere fast identische Velos aufgebaut, welche sich über die Jahre nur wenig veränderten. Mit diesen war ich in jeder Hinsicht sehr zufrieden und würde sie heute fast genau gleich wieder bauen.

Seit einer Weile taucht der Begriff Bikepacking immer häufiger auf. Was hat es damit auf sich? Ebenfalls einer dieser vorübergehenden Trends und wozu soll das Ganze gut sein?

Was ist Bikepacking

Bikepacking ist aus dem Bedürfnis heraus entstanden mehrtägige Touren mit dem Mountain Bike fahren zu wollen wo man alles (Unterkunft, Essen, Kleider) dabei hat. D.h. die Strecken die man damit fährt sind oft Mountain Bike Trails. Es galt also nach einer Möglichkeit zu suchen, mit dem Mountain Bike Gepäck zu transportieren ohne dass sich dessen Fahrverhalten allzu sehr verschlechtert.

Natürlich gibt es auch dafür verschiedene Möglichkeiten aber mittlerweile hat sich auch hier eine Art 'Standard' entwickelt der funktioniert und sich eben Bikepacking nennt.

Bikepacking unterscheidet sich vor allem durch folgende zwei Sachen vom Radreisen:

  • Gepäck: Das Gepäck ist wohl der Grösste Unterschied. Generell wird versucht deutlich weniger Gepäck zu haben und dieses wird nicht in klassischen Sacochen (2 Vorne, 2 Hinten) transportiert, sondern in verschiedenen Rahmentaschen. 
  • Das Velo ist für Naturstrassen ausgelegt und dementsprechend ähnlicher dem Mountain Bike. Typischerweise also z.B. breite Reifen, Federgabel und Scheibenbremsen.

Natürlich gibt es auch Mischformen, solche die Rennvelos mit Bikepacking Taschen kombinieren.

Bikepacking wird die klassischen Veloreisen nicht ersetzen, es ist vielmehr zu einer Art eigenständigen Disziplin geworden. Mit Bikepacking eröffnen sich ganz neue Möglichkeiten. Technisch anspruchsvolle Strecken wo man mit einem klassischen Tourenvelo an die Grenzen kommt, machen mit Bikepacking einfach mehr Spass.

Meiner Meinung nach eignet sich Bikepacking vor allem für kürzere Touren (Wochen - Monate). Hier kann man sein Ziel so aussuchen dass man vor allem auf solchen abgelegenen Strecken unterwegs ist wo Bikepacking auch wirklich Sinn macht. Mit weniger Gepäck unterwegs zu sein (z.B. kleineres Zelt oder nur Biwaksack) ist sicher auch besser möglich auf kürzeren Touren.

Das Velo selber ist durch seine Ausstattung (z.B. Federgabel, Reifen) auch nicht so pflegeleicht wie ein Tourenvelo. Auf kurzen Reisen aber auch kein Problem.

Bei richtig lange Reisen (mehrjährige) wo man Kontinente durchquert ist es halt immer noch so, dass die Abschnitte welche obigem Gelände entsprechen (abgelegene Mountain Bike Trails) leider in der Minderheit sind. Es gibt kaum Kontinente die sich vollständig auf solchen Strecken durchqueren lassen. Auf solchen Reisen wird man immer einen Grossteil auf asphaltierten Strassen unterwegs sein wo das klassische Tourenvelo dem Bikepacking überlegen ist.

Trotzdem gibt es natürlich auch Leute die lange Touren im Bikepacking Stil machen. Hier muss dann jeder selber entscheiden, ob er sein Velo für die Off-Road oder die Strassen Abschnitte optimiert. 

Auf meinen Reisen habe ich ja schon immer möglichst abgelegene Routen gesucht, war soviel wie möglich auf Pisten unterwegs.

Ich habe mit meinem Tourenvelo viele Mountain Bike Strecken auf der ganzen Welt gefahren und bin dabei immer mal wieder an dessen Grenzen gekommen. Das war eigentlich auch ganz gut so, aber ich habe mir schon oft auch mal gewünscht nun ein anderes Velo dabei zu haben. 

2016 bin ich nun zum ersten Mal im Bikepacking Stil auf Tour gegangen. Ich muss sagen dass ich begeistert war. Die Möglichkeiten die sich so auftun sind grossartig und sie sind natürlich genau meine Kragenweite. Das Fahrverhalten des viel leichteren Velos kommt schon fast an ein Mountain Bike heran. Beim Runterfahren kann ich es dank Federgabel und Scheibenbremsen richtig krachen lassen ohne dass ich mich ständig um mein Gepäck sorgen müsste. Es springen keine Taschen weg, das Zeug hält einfach bombenfest. Es macht ganz einfach Spass.

Was für ein Velo ich auf eine zukünftige Reise nehmen werde ist schwierig zu sagen, beide haben ihre Berechtigung. Das wird sicher in erster Linie vom Ziel abhängen.

Meine Tourenvelos baue ich ja nach der Maxime: einfache, robuste Technik für welche ich überall Ersatzteile finden kann.

Hier wollte ich nun aber ein Velo für eher kürzere Touren bauen. Viele der Entscheidungen die ich bei einem klassischen Tourenvelo also wegen der Langlebigkeit getroffen habe, gelten hier nicht mehr. Weshalb auch ein völlig anderes Ergebnis herausgekommen ist.

Es sollte ein Mountain Bike für mehrwöchige Touren entstehen, ein Velo mit den Fahreigenschaften eines Mountain Bikes, das aber trotzdem robust und sorglos genug ist für eine längere Tour.

 

Es gibt mittlerweile schon einige Hersteller, die spezielle Bikepacking Rahmen im Angebot haben. Ich habe mich für das RAW von MTB Cycletech entschieden.

Auch bei diesem Velo habe ich mich bewusst für einen Stahl Rahmen entschieden. Stahl verträgt eine etwas ruppige Behandlung (z.B. bei Transport im Bus oder Flugzeug) besser und verzeiht auch wenn es mal eine Delle gibt in den Rahmen.

Der Rahmen ist so ausgelegt, dass man ihn mit Ketten- oder Nabenschaltung aufbauen kann. Die Räder habe eine Grösse von 27½" und das Steuerlager ist ein Tapered 1⅛-1.5". Masse die sich beim Mountain Bike bewährt haben.

Bei der Federgabel habe ich mich für eine Magura T8 entschieden.

Für dieses Velo habe ich mich für eine Rohloff Speedhub Nabenschaltung entschieden. Wieso? Für eine mehrjährige Tour würde ich nach wie vor eine Kettenschaltung bevorzugen, weil Ersatzteile halt einfacher zu finden sind und ich fast alles selber reparieren kann. Die Rohloff hat sich aber definitiv bewährt auch auf langen Touren, aber man sollte regelmässig einen Oelwechsel und Service machen. Alles nicht ganz einfach unterwegs. Für diesen Einsatzzweck aber kein Problem und ich kann die Vorteile der Nabenschaltung geniessen: Dreckunempfindlichkeit, weniger Verschleiss... 

Der Rahmen des RAW hat ein Tretlager mit Exzenter für die Kettenspannung. Meiner Meinung nach nicht ganz problemlos, dass es immer gut funktioniert so ausgesetzt zu Dreck und Nässe wie es positioniert ist. Ein einfacher Kettenspanner wäre vermutlich zuverlässiger. Wir werden sehen.

Als Kettenblatt habe ich eines aus Stahl von Surly gewählt (36 Zähne)

Da ich mit dem Velo mit breiten Reifen fahren will habe ich als Felgen die Inferno 31 von SUNringle, 32 Speichen DT Alpine III und als Reifen den 2.3" SmartSam von Schwalbe gewählt.

Die Gabel hat vorne eine Steckachse und als Vorderrad Nabe habe ich deshalb den Son Nabendynamo in der Steckachsen Version gewählt.

Scheibenbremsen haben sich am Mountain Bike schon lange durchgesetzt. Für eine lange Tour würde ich wohl immer noch auf eine V-Brake setzen, weil sie halt sehr einfach im Unterhalt ist und Ersatzteile kein Problem sind.

Bei kurzen Touren fallen solche Argumente weniger ins Gewicht und auf Mountain Bike Trails will ich auf Scheibenbremsen nicht verzichten. Auf jeden Fall aber eine mit Kabelzug und keine Hydraulischen nehmen. Die sind viel einfacher im Unterhalt. Bei den gewählten BB7 von Avid kann man den Abstand zur Scheibe von beiden Seiten individuell einstellen, optimal.

 

Als Sattel kommt ein Brooks Ledersattel zum Einsatz.

Bei einem Mountain Bike macht noch immer ein mehr oder weniger gerader Lenker am meisten Sinn, weshalb ich auch einen solchen gewählt habe. Dank der Lenkerendhörnchen ist er trotzdem einigermassen Tourentauglich.

Die Idee ist ja ein Velo zu fahren mit den Fahreigenschaften eines Mountain Bikes. Deshalb kommen die traditionellen 4 Taschen (2 Vorne, 2 Hinten) nicht in Frage. Durchgesetzt hat sich statt dessen folgender Gepäcktransport:

Rahmentasche

Sie ist das Herzstück. Hier wird möglichst alles schwere Gepäck verstaut. Das ist mehr als man denkt. Bei mir hat hier Kocher/Pfanne, Wasserfilter und Essen für 3-4 Tage Platz. Da jeder Velorahmen andere Masse hat, ist diese Tasche typischerweise eine massgeschneiderte Einzelanfertigung.

Lenker Harness

Eine Vorrichtung um einen Rollsack (20l) quer am Lenker zu befestigen. Hier transportiere ich Zelt, Schlafsack und Liegematte.

Darüber hängt noch eine kleine Tasche in welcher sich bei mir Kamera, Karte, Geld etc befinden.

Satteltasche

Eine Art konischer Rollsack der mit wenigen Griffen unter dem Sattel befestigt werden kann. Hier transportiere ich alle Kleider.

Natürlich ist das Ganze erweiterbar. Ich habe z.B. noch eine kleine Tasche auf dem Oberrohr welche ich vor allem für Werkzeuge brauche.

Unter dem Unterrohr habe ich eine Halterung für eine 2l Wasserflasche und eine kleine Halterung direkt am Lenker für eine Trinkflasche.