Die Mongolei habe ich mir dieses Jahr wieder einmal als Ziel für meine Veloreise ausgesucht. 
Ulaanbaatar habe ich schnell hinter mir gelassen und fahre mit dem Bus in den Norden nach Mörön wo meine Fahrt starten soll. Erstmal gehe ich aber zur Polizei um ein Border Permit zu erhalten, weil ich auf meiner Route nahe an die Grenze kommen werde. Eine Einheimische begleitet mich sogar und hilft mir dabei. Doch nach vielversprechendem Start dreht die Stimmung plötzlich. Ich erhalte kein Permit. Was genau der Grund ist weiss ich nicht. Erstmal etwas frustriert ziehe ich von dannen und starte dann trotzdem. Nach Norden zum Khövsgöl Nuur geht es zuerst, doch nicht der Hauptstrasse entlang, sondern durch ruhige, schöne Täler. Am Ortsrand geht die Strasse sofort über in eine tolle Piste. Eine einfache Spur führt quer über die Wiese. Ausser ab und zu einem Motorradfahrer hat es keinen Verkehr mehr. Die Wiesen sind voll von Edelweiss. Der Misserfolg vom Morgen ist bereits vergessen.

Der Sommer soll dieses Jahr extrem trocken gewesen sein, aber genau vor ein paar Tagen hat es stark zu regnen begonnen. Am dritten Tag gerate ich am Abend in ein furchtbares Gewitter und als es am nächsten Morgen immer noch regnet muss ich meine Pläne hier in die Berge und in die Nähe der Grenze zu fahren bereits ändern.

Ich habe mich schnell wieder an den Rhythmus auf Veloreisen gewöhnt. Auf den holprigen Pisten hier macht das Fahren mit einem Mountain Bike mit ganz wenig Gepäck aber definitiv viel mehr Spass als mit einem schwer beladenen Tourenrad. Es ist ja hier in der Mongolei so, dass meist je kleiner die Strasse/Piste ist, desto besser ist sie zu fahren mit dem Velo. Da wo es (wenn auch sehr wenig) Verkehr hat, wird der Belag halt sehr schnell holprig. Ich habe mir also eine Route zusammengesucht, die möglichst solchen kleinen Strasse und Wegen folgt. Hier zu fahren ist einfach wunderbar. Der einzige Verkehr sind Motorradfahrer die zu ihren Yurten fahren. Mongolische Pässe beginnen meist damit, dass es über lange Distanz kaum ansteigend immer tiefer in die Täler hinein geht. Ganz zum Schluss dann geht es dann dafür noch schnurgerade und sehr steil zum höchsten Punkt hoch.

Östlich von Uliastay fahre ich auf einen Pass zu. Immer wieder zweige ich in ein neues Seitental ein, jedes etwas anders, jedes wunderschön und einsam. Im letzten treffe ich zwei Reiter die auf der Jagd nach Murmeltieren sind. Sie begleiten mich eine Weile und als sie schliesslich erfolgreich sind, wollen sie mir das erlegte Tier gleich schenken. Ich lehne dankend ab, wie soll ich denn auch ein Murmeltier zubereiten auf meinem Kocher...?

Aus der Strasse ist längst ein Pferdepfad geworden. Dank dem wenigen Gepäck dass ich habe kann ich trotzdem lange fahren. Irgendwann ist dann aber Schluss und die letzten 250Hm schiebe ich das Velo hoch zum Pass. Als ich oben bin öffnet sich der Blick auf den schneebedeckten Otgan Tenger. Allerdings nur für kurze Zeit: ein heftiger Hagelsturm zieht auf. Schutz gibt es hier natürlich nirgends und um das Zelt aufzustellen reicht die Zeit nicht mehr. So kauere ich mich dann einfach auf dem Boden zusammen und warte bis der Beschuss durch die recht grossen Eis-Kugeln vorbei ist. Als das dann soweit ist, muss ich erst einmal den Boden vom Eis befreien, ehe ich überhaupt das Zelt aufstellen kann.

Von Uliastay fahre ich nun Richtung Osten durch die Khangai Berge, natürlich nicht einfach gerade durch, sondern im Zick-Zack die Bergkette fünfmal überquerend. Jede dieser Überquerungen, die immer so 2-4 Tage dauern ist etwas anders, mit ganz eigenem Charakter.

Die ersten zwei sind genau das was ich gesucht habe: kleine, kaum benutzte Spuren quer über die weiten Wiesen. Dazwischen gibt es immer viele, meist kleine Furten. Am liebsten sind mir natürlich die am frühen Morgen, wenn es noch eisig kalt ist...

Wenn ich am Abend mein kleines Zelt an einem schönen Bach aufstelle, kriege ich oft noch Besuch von einem Reiter: der Nachbar von der nächsten Yurte hat mich bestimmt schon erspäht mit seinem Fernglas und kommt neugierig auf einen Besuch verbei. Höhepunkt der kurzen Demonstration meiner Ausrüstung (neben dem Velo) ist meist der Kocher.

Ein guter Indikator wie abgelegen ein Tal ist, ist oft wie die Tiere auf mich reagieren. Die Reaktion der Pferde und Yaks ist oft sehr amüsant (sie warten lange regungslos und flippen dann total aus wenn ich Nähe bin), die der Hunde dann eher mühsam... 

Beim dritten Übergang besteht der Untergrund vor allem aus grobem Schotter. Das geht definitiv mehr an die Substanz als die butterweichen Spuren über die Wiesen. Auf der Nordseite der Berge sind die Wiesen immer kräftig grün, es hat wunderschöne Blumenwiesen und kleine Lärchen-Wälder. Auf der Südseite ist es dann immer deutlich trockener, oft bereits eine Halbwüste, wo das Gras nur noch ganz kurz und der Untergrund nur noch aus Sand besteht. Hier lässt auch das gefürchtete Wellblech nicht lange auf sich warten.

An einem Abend gerate ich zudem noch in einen veritablen Sandsturm. Gefühlt die halbe Nacht stütze ich das Zelt und stemme mich mit meinem Körper gegen den Sturm in der Hoffung, dass mein Zelt nicht in Fetzen gerissen wird.

Den letzten Übergang von Tsetserleg nach Kharkhorin bin ich schon einmal gefahren und will nun diesmal eine etwas andere Route fahren die ganz an den Anfang des Olkhon Flusses geht. Nach einem Rekorverdächtig steilen Pass erreiche ich ein Hochtal und kurz darauf erstmals den Fluss, den ich sogleich queren muss. Da es in den letzten Tagen doch recht oft und kräftig geregnet hat (meist am Abend oder in der Nacht), ist der Fluss bereits hier oben schon recht tief. Alle paar Kilometer muss ich ihn erneut queren und er wird schnell grösser.

So langsam werden die Furten tiefer und ernsthafter. Nach meinem GPS muss ich noch vier Mal queren. Nachdem der zweite davon bereits Hüft-tief ist und ich langsam Mühe habe, das Velo zu halten in der Strömung, beschliesse ich die letzten zwei nicht mehr zu machen. Statt dessen schlage ich mich irgendwie am Ufer durch. Das geht auch sehr gut, bis dann natürlich eine Felsnase auftaucht. Ich finde dann aber einen guten Pfad auf diese hinauf und habe so die engen Stellen im Tal bald überwunden.

Zum Abschluss geht es noch das schöne Olkhon Tal nach Kharkhorin runter, wo ich diese Reise beende.