Am Dritten Tag erreichen wir irgendwo mitten In einer Sandwüste die Grenze Nach Äthiopien. Eine Zoll gibt es hier nicht, bloss 2 Polizeiposten die jeweils den Eindruck eines letzten Aussenpostens auf einem fernen Planeten hinterlassen. Kaum haben wir die Grenze überquert, treffen wir die ersten Menschen. Es sind Hirten mit faszinierenden Frisuren, buntem Schmuck und eindrücklichen Hautmarkierungen. Wir fahren wir durch kleine, einfachste Dörfer und können es kaum fassen was wir hier erleben. Ich bin total fasziniert von diesen einerseits fremden aber sehr freundlichen Menschen die wir treffen.

Schliesslich überqueren wir den Omo River mit einem Kanu und erreichen so Omorate den ersten Ort in Äthiopien. Bei der Immigration erhalten wir dann auch unseren Einreisestempel.

Auf kaum ein anderes Land war ich so gespannt auf dieser Reise wie auf Äthiopien. Von anderen Velofahrern hört man so gut wie nur Schlechtes: Steine werfende Kinder, Abzocke, Unfreundlichkeit gegenüber Ausländern. Aber da ist auch die reiche Kultur des einzigen Landes Afrikas, welches nicht kolonialisiert wurde.

Erst am dritten Tag merken wir, dass wir hier wieder auf der rechten Strassenseite fahren sollten, so wenig Verkehr hat es im Süden. Die Landschaft wechselt dramatisch von der heissen Wüste über in eine üppige Vegetation mit Bananen und Kaffee Plantagen entlang den Seen des Rift Valley. Die Dörfer werden grösser und häufiger und bald ist es vorbei mit der Ruhe.

Ja, da sind diese Kinder (und teilweise auch Erwachsene) die ständig rufen und schreien "YOU YOU YOU, money, money, money", ab und zu fliegt auch mal ein Stein. Ja, vor allem in den Steigungen werden wir fast ständig verfolgt und nach allem was nicht Niet- und Nagelfest ist am Velo wird gegriffen. Ja, als Ausländer verlangt man von uns ständig überteuerte Preise.

An den ersten Tagen bin ich deswegen oft erschöpft, fast mehr als vom eigentlichen Velofahren. Aber ich habe gelernt damit umzugehen es einfach zu ignorieren. Wenn man das schafft, öffnet sich einem eine ganz andere Welt. Dieses Land ist einfach unglaublich faszinierend und jeden Tag entdecke ich wieder Neues. Hier ist einfach alles so völlig anders als im restlichen Afrika: das Essen, der Kaffee, die Landschaft, die Sprache (Amharisch) mit eigenem Alphabet, eine Jahrtausende alte Kultur, einen eigenen Kalender der bei der Einreise den 3.September 2006 anzeigte, Uhren die um 6 Stunden verschoben sind…

Äthiopien ist das Ursprungsland des Kaffee und Kaffee ist hier nicht einfach ein Getränk, sondern Teil der Kultur. Eine Kaffee-Zeremonie dauert über eine Stunde, dabei werden die Bohnen frisch geröstet und anschliessend im Mörser zermahlen ehe der Kaffee in einem Tonkrug zubereitet wird. Serviert wir der Kaffee dann mit etwas Weihrauch. Überall entlang der Strasse wird das Getränk zubereitet und er schmeckt einfach himmlisch und stellt jeden Kaffee den ich bisher irgendwo genossen habe locker in den Schatten! Es ist schnell zu unserer Morgen Routine geworden, ein paar Tassen Kaffee zu trinken bevor wir uns und den Sattel schwingen. 

Südlich von Addis Ababa treffen wir den Italiener Luigi. Er lädt uns ein, in seinem Luxus Hotel eine Pause zu machen. Zwei Tage lang lassen wir uns gar kochen im Jacuzzi, essen uns die Speisekarte rauf und runter, lassen unsere Kleider waschen und leben wie die Könige.

Als wir in der Hauptstadt, in Addis Ababa eintreffen, wird gerade Meskel gefeiert. Überall in den Strassen sind Holzbeigen um ein Kreuz errichtet worden. Am Abend werden diese dann angezündet und die Leute singen und tanzen darum herum.

Seit genau einem Jahr und über 23'000km bin ich nun unterwegs. Dass das so einfach möglich ist, war zu Beginn dieser Reise alles andere als selbstverständlich. Gegen Ende der letzten Reise hatte ich immer öfters Knieschmerzen und in den 2 Jahren Zuhause konnte ich kaum eine längere Tour unternehmen ohne Schmerzen. Der Arzt informierte mich schliesslich mit der Diagnose, dass mein Knie im Prinzip OK sei, der Muskel aussen am Knie aber zu kurz ist und diese Schmerzen verursacht. Seitdem dehne ich regelmässig diesen Muskel und habe keinerlei Schmerzen mehr.

Nach Addis kommen wir auf das Hochland. Wir fahren nun ständig in Höhen von 2500-3100m wo es angenehm kühl ist. Unterbrochen wird diese Hochebene vor allem durch die Schlucht des Blauen Nils. Spektakuläre 1500m stürzt sich die Strasse runter in die Schlucht und danach natürlich wieder rauf. Jetzt, unmittelbar nach der Regenzeit ist es unglaublich grün hier auf der Hochebene. Überall spriessen Wildblumen und wir fragen uns oft: sind wir immer noch in Afrika? Auf der Strasse hat es ständig sehr viele Leute unterwegs, alle immer mit viel Tieren: Esel welche schwere Lasten tragen, Kühe, Ziegen und Schafe und viele Reiter auf bunt geschmückten Pferden.

Nach Monaten in Ostafrika, wo sich jeweils nur wenig geändert hat, bin ich absolut fasziniert von Äthiopien. Alles ist hier so anders als im restlichen Afrika. Oft schütteln wir ungläubig den Kopf oder lachen einfach darüber. Das Essen ist schlicht grossartig. Eigentlich egal was man bestellt, fast alles ist gut. Das Hauptnahrungsmittel ist natürlich Injera, eine Pfannkuchen ähnlicher Fladen aus dem Getreide Teff, welches nur hier in Äthiopien wächst. Dazu werden dann verschiedene Zutaten (Fleisch, Gemüse meist mit scharfer Sauce) serviert.

Unsere Ankunft im Norden in Gonder, feiern wir mit einer lokalen Spezialität Honigwein der sehr lecker schmeckt.