Über den Taylor und Top Of The World Highway fahre ich nach Dawson City, in Kanada. Anders als die meisten anderen Strassen folgt diese nicht einem Tal sondern einem Gebirgsrücken. D.h. es gibt ordentlich Höhenmeter aber vor allem immer tolle Aussichten auf die weiten Täler.
Dawson City war das Zentrum des Klondike Gold Rush im Yukon. Ende des 19. Jahrhundert nahmen 30’000 Menschen die beschwerliche Reise hierher auf sich um hier ihr Glück zu suchen. Gold wird noch immer gesucht hier, ich treffe entlang kleiner Bäche immer wieder solche Leute. Die Stadt selber sieht noch immer so aus, als ob das alles erst Gestern gewesen wäre, komplett mit staubigen Strassen, Raddampfern und Casino.
Bis zur nächsten Stadt Richtung Süden sind es 530km. Ein nicht besonders interessanter Abschnitt. Ich fahre über weite rollende Hügel wo ich kaum einmal aus dem Wald sehe. Seit Dawson ist es auf einmal richtig heiss. Mit vielem habe ich gerechnet hier, aber sicher nie mit dieser Hitze. Am Nachmittag wird es jeweils um die 28º heiss und ich bin schon fast froh um der Hitzegewitter, die es ab und zu am Nachmittag gibt.
Als ich in Whitehorse eintreffe, starten sie gerade in umgekehrter Richtung zum Yukon Quest, dem längste Paddel Rennen der Welt das 750km dem Yukon folgt.
Nach Whitehorse lege ich noch eine kleine Extrarunde ein. Ich fahre runter zur Küste, nach Skagway in Alaska. Erst bereue ich den Entscheid, denn der Gegenwind gegen den ich da fahren muss, treibt mich fast in den Wahnsinn. Aber die Landschaft ist derart genial, dass ich das schon fast vergessen kann.
Es geht über den White Pass. Erst vielen schönen Seen entlang und dann über eine felsige alpine Hochebene mit unzähligen kleinen und grossen Seen zwischen all den Granit Felsen. Im Hintergrund gletscherbedeckte Berge bis dann die Strasse zur Küste runter stürzt.
Mit der Fähre fahre ich nach Haines. Von da geht es, jetzt endlich mal mit Rückenwind, wieder rauf auf die Hochebene. Ich fahre durch eines der grössten Adler Reservate und tatsächlich kann ich auch schon bald einige der Tiere aus nächster Nähe beobachten. Der Haines Highway, auf dem ich jetzt fahre ist definitiv die spektakulärste Strecke, welche ich im Yukon gefahren bin. Auf der westlichen Seite liegt der Kluane Park. In diesem Park liegt der Mt. Logan, der höchste Berg Kanadas und der grösste nicht-polare Gletscher. Von der Strasse aus kann man natürlich nur einen Hauch von den gewaltigen Bergen und Gletschern sehen, aber nur schon das ist genial. So fahre ich denn zwei Tage lang an unzähligen Bergen vorbei und dazwischen kommt immer mal wieder ein Gletscher ins Tal runter.
Ein paar Tage lang fahre ich auf dem Alaska Highway Richtung Osten bis Watson Lake. Die grösste Attraktion dort (neben dem Supermarkt) ist der 'Schilder Wald'. 1942 hatte erstmals jemand ein Schild hier neben der Tourist Information aufgehängt und mittlerweilen sind es über 77'000 aus aller Herren Länder.
Nach Watson Lake zweige ich auf den Cassiar Highway. Der ist 725km lang und es hat nur 2 Roadhouses unterwegs, also ist mal wieder Futter schleppen angesagt.
Die Strecke bietet aber alles, was sich ein Tourenfahrer wünschen kann: Wenig Verkehr, abwechslungsreiche Landschaft mit vielen Seen und schneebedeckten Bergen, ich sehe praktisch täglich Bären und Abends wenn ich müde bin, suche ich nie länger als 5 Minuten und finde dann einen schönen Platz an einem Fluss oder See.
Ich mache noch einen letzten Abstecher nach Alaska. Die Strasse nach Hyder ist besonders spektakulär mit Gletschern die bis fast an die Strasse runter kommen.
Nach dem Cassiar Highway hat es nun erstmals überhaupt Landwirtschaft. Die erste Kuh die ich sehe, halte ich doch tatsächlich erst für einen Grizzly Bären, so sehr habe ich mich an deren Ansicht gewohnt. Noch etwas anderes ist wieder zurück: die Nacht, besser gesagt die Dunkelheit. Seit ein paar Tagen wird es nun in der Nacht jeweils wieder ein paar Stunden dunkel.
Vor ein paar Tagen habe ich von anderen Radlern davon gehört und finde dann das Velo neben der Strasse mit einem grossen Schild ‚Cyclists welcome‘.
John hat hier einen kleine Hütte die er vorbei fahrenden Velofahren zur Verfügung stellt. Es ist die perfekte Oase für Tourenfahrer mit allem was man braucht: Waschgelegenheit, Dusche, Bett und sogar WiFi, fast zu gut um Wahr zu sein. Ich brauche nicht lange zu überlegen, eine Pause kann ich mehr als gebrauchen.
In der Umgebung von Prince George wird viel Holzwirtschaft betrieben. Dementsprechend viele Lastwagen hat es leider auf der Strasse. Immerhin verbreiten sie einen angenehmen Geruch mit all dem Holz welches sie da transportieren.
Nach der Stadt wird es auf einen Schlag wieder sehr ruhig auf der Strasse. Beim Mt. Robson erreiche ich dann erstmals die Kanadischen Rockies. Als ich da um die Kurve gefahren komme und den Berg erstmals vor mir sehe, verschlägt es mir wirklich fast die Sprache.
In den kommenden Tagen fahre ich dann durch die Nationalparks von Jasper und Banff auf dem Icefields Parkway. 300km lang Postkarten-Kanada. Berge, Gletscher, Seen in ihrer ganzen Pracht und hinter jeder Kurve noch imposanter.
Natürlich hat es dementsprechend auch viele Touristen, aber der Park ist ja zum Glück gross genug dass sich die vielen Camper und RV’s etwas verteilen.
Auf Highways quer durch die USA zu fahren, das war immer etwas was mich nicht wirklich begeisterten konnte. Was, wenn es eine Strecke gäbe, die Schotterstrassen, Feldwegen, Forststrassen und Wanderwegen folgend immer in den Bergen drin, den Rockies entlang nach Süden führen würde? Was wenn… Genau diese Strecke gibt es, die Great Divide Mountain Bike Route (GDMBR). Sie führt von Kanada aus quer durch die USA bis runter nach Mexiko, immer entlang der Kontinental Scheide. Als ich das erste Mal von dieser Route hörte, wusste ich sofort: die muss ich fahren und es war einer der Hauptgründe warum ich jetzt hier in Nordamerika bin.
Jetzt bin ich also hier und vor mir liegt die längste Mountain Bike Route der Welt, 4000km meist auf Schotterstrassen quer durch die USA, Halleluja!
Nach Banff geht es also los mit dem GDMBR, die ersten Tage noch in Kanada. Erstmal muss ich mich aber an einen neuen Rhythmus gewöhnen. in den letzten zwei Monaten bin ich riesige Distanzen gefahren. Die Tage waren lang, die Strassen gut und so bin ich fast 6000km weit gekommen in der Zeit.
Bei der Ausfahrt aus Banff schalte ich dann im wörtlichsten Sinne ein paar Gänge runter. Auf den holprigen Schotterstrassen die nun folgen, wo es praktisch jeden Tag über 1-2 steile Pässe geht schrumpfen die Distanzen deutlich.