Das erste was ich bei der Ankunft am dem Flughafen in Manila höre, sind Weihnachtslieder. Ich wurde ja schon vorgewarnt, für die Filipinos ist Weihnachten nicht bloss ein Ereignis Ende Dezember, sondern dauert hier mehrere Monate. So gewöhne ich mich dann schnell an die Lieder die aus allen Lautsprecher tönen und die Dekoration, obwohl es noch nicht einmal November ist.
Die Fahrt aus Manila ist nicht gerade das, was man eine gemütliche Radtour nennt. Doch auch das habe ich bald hinter mir und schon bald wird es ruhiger auf den Strassen während ich der Küste entlang nach Norden fahre. Der Verkehr auf den Strassen hier wird dominiert durch die Jeepneys. Mit ihrer bunt dekorierten und lebensfrohen Art sind die Jeepneys ein passendes Symbol für die Philippinen.
‚Hey Joe’ ist der übliche Gruss mit dem ich hier als Tourist angesprochen werde. Auf jeden Fall eine der sympathischeren Anreden mit denen ich es bisher zu tun hatte. Auch sonst sind mir die Filipinos sofort sympathisch. Mit ihrer offenen, freundlichen und unglaublich lebensfrohen Art machen sie das Reisen hier sehr entspannt.
Das wären ja eigentlich alles gute Voraussetzungen für eine tolle Reise. Wenn da nicht das Klima wäre. Dass es hier in Tropen nicht einfach wird zum Radfahren hatte ich schon erwartet, nicht aber, dass es so heftig werden würde.
Mit 35º ist es ja absolut gesehen nicht so heiss. Da bin ich schon bei ganz anderen Temperaturen Rad gefahren. Aber in Kombination mit der hier herrschenden Luftfeuchtigkeit ist das brutal, zumindest für mich. Ich leide extrem, kann kaum längere Distanzen fahren ohne mich völlig zu verausgaben. Die Menge an Flüssigkeit die ich trinke und dann sofort wieder raus schwitze nimmt absurde Ausmasse an. Ich hänge fast ununterbrochen an der Flasche. Durch das starke Schwitzen und den damit verbundenen Verlust von Mineralsalzen, welche ich unmöglich so schnell ersetzten kann, habe ich ständig Muskelkrämpfe, Tag und Nacht. Selbst eine kleine Steigung bringt mich jeweils total an meine Grenzen und oben brauche ich lange ehe ich mich wieder erholt habe.
Ein paar Tage lange fahre ich so nach Norden und hoffe dass es besser wird und ich mich irgendwann besser daran gewöhne. Ich fahre früher los und mache kürzere Etappen, doch es wir nur noch schlimmer. Ich bin unmittelbar davor den Bettel hin zu schmeissen.
Eigentlich bin ich ja hier in den Norden von Luzon gekommen um in die Cordillera zu gehen. Dort in den Bergen muss es doch kühler sein. Irgendwie quäle ich mich dann nach Baguio hoch, wo es auf 1400m tatsächlich kühl wird in der Nacht. In Baguio startet der Halsema Highway. Eine 150km lange Strasse mitten durch die Cordillera und eine einzige Ansammlung von Spitzkehren. Es ist eine grossartige Fahrt und ich blühe regelrecht wieder auf als es bis auf 2255m hoch geht.
Die Cordillera ist vor allem auch bekannt für die terrassierten Reisfelder die hier überall an den steilsten Hängen angelegt wurden. Besonders eindrücklich sind jene bei Batad, wo sie ein regelrechtes Amphitheater bilden.
Wieder zurück in Manila fliege ich auf die nächste Insel: Palawan. Auf Palawan ist alles ein paar Nummern kleiner und das ist gut so. Kaum bin ich aus Puerto Princesa raus wird es wunderbar ruhig auf der Strasse. Ich fahre durch dichten Dschungel vorbei ein einzelnen Reisfeldern und kleinen Siedlungen. Kokosnuss, Bananen und Mangos wachsen hier gleich neben der Strasse. Die meisten Touristen fahren direkt in den Norden der Insel. Das schönste aber ist, wie so oft, der Weg dahin. Die Fahrt durch Palawan ist eine einzige Freude. Ich habe das Gefühl, dass jeder einzelne Mensch dem ich begegne, mir ein Lachen schenkt und mich freundlich grüsst. Der Küste entlang hat es kleine Fischerdörfer. In einem solchen übernachte ich und beobachte wie die Fischer mit ihren Auslegerbooten fliegende Fische fangen. Mit dem Klima habe ich mich soweit arrangiert, dass ich nur noch zwischen 5 und 11 fahre und kürzere Etappen mache.
Ganz im Norden von Palawan liegt das Bacuit Archipel. Eine Ansammlung von Inseln aus Karstfelsen mit vielen tollen Buchten und Stränden. Hier mache ich ein paar Tage Pause, ehe es auf die nächste Insel geht.
Viele der über 7000 Inseln der Philippinen sind klein aber im Landesinnern hat es immer steile Berg. Auch auf Bohol ist das der Fall und es gibt ein paar knackige Anstiege. Im Zentrum der Insel sind die bekannten Chocolate Hills welche, im Moment zwar eher grün, toll aussehen. In den Wäldern hier leben auch Tarsiers. Die kleinen, gerade mal 12cm grossen Kerle mit den grossen Kuller-Augen gehören zu den kleinsten Primaten die es gibt.
Siquijor ist bereits so klein, dass ich es in einem Tag umrunden kann und vom höchsten Punkt die ganze Insel auf einmal sehen kann. Die Sonnenuntergänge am Abend sind richtig spektakulär.
Während ich auf Bohol war, fegte bereits ein Taifun über die Insel. Das hatte neben starkem Regenfall vor allem viele umgestürzte Bäume und abgebrochene Äste auf der Strasse zur Folge. Als ich zur Fahrt um Negros starte, braut sich aber draussen vor der Küste etwas richtig heftiges zusammen. Der Supertaifun Ruby ist im Anmarsch.
Während Tagen verfolgen wir gespannt die Wetterkarten. Nur ein Jahr nach dem verheerenden Taifun Yolanda welcher über 6000 Tote forderte, sind die damals am schlimmsten betroffenen Gebiete wieder am meisten gefährdet. Der Taifun hinterlässt diesmal aber zum Glück deutlich weniger Verwüstung. Als der Sturm vorbei ist, setzte ich meine Fahrt wieder fort.
Nach 4 Tagen war ich ja Drauf und Dran das Land zu verlassen. Zum Glück habe ich es nicht gemacht. Der eigentliche Grund warum ich nun fast 2 Monate hier geblieben bin, sind die Filipinos. Es macht einfach unglaublich viel Spass hier Rad zu fahren wo man an jeder Ecke lachende, freundliche Menschen sieht, die einem ständig das Gefühl geben, dass man wirklich willkommen ist.
Das eigentliche Velofahren selber kann man vielleicht nicht wirklich als angenehm bezeichnen. Es war für mich mehr ein kleiner Leidensweg. Trotzdem kann ich jedem eine Veloreise hier in den Philippinen empfehlen. Ausser vielleicht jenen, die (wie ich) Probleme mit 90% Luftfeuchtigkeit haben.