Nach Gonder geht es noch über eine letzte hohe Bergkette, dann beginnt die lange Abfahrt runter zur Grenze. Als wir dort eintreffen haben wir beide einen leichten Kater vom Vorabend. Irgendwie mussten wir ja unsere restlichen Birr noch loswerden und die Aussicht auf mehrere Wochen in der Wüste, in einem Land wo es kein kühles Bier gibt, machte die Entscheidung wie wir das machen würden relativ einfach.
Grenzen sind machmal schon etwas komisches. Von einem Kilometer auf den Anderen verändert sich wieder alles. Im Sudan haben wir jetzt die arabisch/islamische Welt betreten. Auf den ersten Kilometern geniessen wir einfach die Ruhe. Kein Geschrei und Gebrüll mehr und erstmals seit gefühlten Monaten können wir wieder eine Pause mache ohne dass uns zahllose Menschen anstarren. Die Leute sind wunderbar freundlich und hilfsbereit.
Die Landschaft ist topfebene und es wächst kaum noch etwas. Das Velofahren ist nun sehr monoton geworden und die Temperaturen sind schnell in unangenehme Höhen gestiegen. Jeden Tag starten wir etwas früher, bis wir dann den optimalen Zeitpunkt gefunden haben. Um 4 stehen wir jeweils auf und fahren dann bei wunderbarem Mondschein 2 Stunden lang, bis die Sonne jeweils spektakulär am Horizont aufgeht. Diese ersten Stunden am frühen Morgen sind immer die schönsten des Tages. Am Mittag haben wir dann jeweils unser Ziel erreicht und verbringen den Nachmittag irgendwo im Schatten schlafend oder lesend. Schlafen tun wir meist in sog. Lokandas, einfachen Unterkünften, wo man ein einfaches Bettgestell mieten kann und damit im Freien übernachtet.
Bei Wad Madani treffen wir wieder auf den Blauen Nil und folgen diesem bis nach Khartoum wo dieser mit dem weissen Nil zusammentrifft. Dort in der Hauptstadt müssen wir uns erst einmal registrieren lassen. Die Prozedur dauert einen ganzen Morgen. Khartoum ist eine erstaunlich ordentliche, moderne Stadt und wir gönnen uns ein paar Tage Pause hier.
Noch im Dunkeln suchen wir uns den Weg aus der Stadt während in den zahllosen Moscheen rundherum die Muezin zum Gebet rufen. Eine tolle Stimmung. Ich bin natürlich vor allem gespannt darauf wie schlimm der Gegenwind von dem wir schon so viel gehört haben auf der kommenden Strecke sein wird.
Es geht nun raus in die Nubische Wüste. Bereits am ersten Tag fahren wir ein paar grossen Sanddünen entlang und viel mehr als Sand bekommen wir in den nächsten Tagen nicht zu sehen. Der Nordwind ist zwar da, aber nie so stark wie befürchtet und so kommen wir viel schneller voran als gedacht. Diese Fahrt durch die Wüste wird zum eigentlichen Highlight im Sudan. Wir starten jeweils mitten in der Nacht. Bei noch kühlen Temperaturen, wenig Wind und einer nur vom Mond beleuchten Landschaft fahren wir durch die Wüste. Ein grossartiges Erlebnis welches dann jeweils gekrönt wird von einem Sonnenaufgang der den Sand in gelb-rote Farben taucht.
Um Mittag wird es dann schnell sehr heiss und wir sind froh, dass wir unser Tagespensum bereits erledigt haben. In einem einfachen Restaurant, einer Cafeteria, welche es in regelmässigen Abständen entlang der Strecke hat, mieten wir uns jeweils ein Bettgestell und verbringen dort den Nachmittag im Schatten, ehe es dann mitten in der Nacht wieder los geht. Wasser ist übrigens kein Problem auf dieser Strecke, hat es doch immer wieder entlang der Strasse Tonkrüge mit Trinkwasser.
Nach 300km kommen wir wieder zum Nil, dem die Strasse ab jetzt folgt. Ab hier haben wir nun links der Strasse die Sandwüste und rechts öfters Palmenhaine und kleinere Siedlungen.
In Dondola gönnen wir uns noch einmal eine Pause, ehe wir den letzten Teil in Angriff nehmen. Die Wüstet wird nun deutlich steiniger und felsiger und erinnert an eine Mondlandschaft. Ausser in dem dünnen, grünen Band entlang des Nils, lebt hier niemand. Blos einige Goldschürfer die in der Hitze draussen ihr Glück suchen treffen wir ab und zu an. Der Mond ist mittlerweile fast zu einem Neumond geworden und unsere nächtlichen Fahrten sind nun während gut 2 Stunden in absoluter Dunkelheit unter einem gigantischen Sternenhimmel. Erstmals kann ich voraus den Grossen Wagen und daneben den Nordstern entdecken, dem wir nun jeden Morgen folgen. Nach 1500km im Sudan, davon bestimmt die Hälfte in der Nacht, erreichen wir Wadi Halfa am südlichen Ufer des Lake Nasser.