Meine Routen plane ich ja meistens mit Karten. Mit der Zeit kriegt man ein gutes Gefühl dafür, wie die Strassen tatsächlich aussehen die man auf der Karte sieht. So suche ich mir also jeweils möglichst Nebenstrassen zusammen die durch Nationalsparks führen, wo es eher wenig Orte hat und je mehr Kurven die Strasse hat desto besser sowieso. Ich scheine mal wieder eine besonders gute Wahl getroffen zu haben. Ab Melbourne starte ich direkt ins 'High Country'. Gerade mal 2 Tage ausserhalb der Stadt fahre ich auf der abgelegenen Big River Road durch weite Wälder und treffe 2 Tage keinen Menschen.
'Australische Alpen' steht auf meiner Karte, das ist doch mal ein Versprechen, nichts wie dahin. Wenn es irgendwo gerbirgig ist in Australien, dann hier. Ich fahre rauf zu mehreren Skigebieten und über einige schöne Pässe.
Die Aussicht vom Mt Hotham auf die weiten Wälder die sich über die rollenden Hügel ziehen ist besonders eindrücklich. Die Eukalyptus Bäume hier haben einen fast weissen Stamm und das gibt den Wäldern so einen silbern schimmernden Touch, so quasi ein 'George Clooney-Effekt'.
Auf dem Weg in die Snowy Mountains ist es mal wieder sehr heiss. Ich fahre durch ein herrliches Tal dem Snowy River entlang. Damit ich nicht überhitze, hüpfe ich alle paar Km für ein erfrischendes Bad in den Fluss. Wenn das doch nur immer so einfach wäre...
Ich kann mich mal wieder so richtig austoben in vielen langen Steigungen und die dirt roads habe ich fast für mich alleine.
Tagelanger Dauerregen ist ja nicht wirklich das Wetter das man typischerweise mit dem Australischen Sommer assoziert. Das aber ist genau was mich auf den letzten Tagen vor Sydney erwartet. Schon seit Tagen habe ich von den starken Regenfällen weiter nördlich gehört. Als dann die Prognosen auch das selbe für meine Region voraussagen beschliesse ich aus den Bergen runter an die Hauptstrasse zu kommen. Und dann geht es los. Die Gegend leidet ja schon seit Jahren unter einer Dürre und nun scheint all das Wasser in wenigen Tagen runter zu kommen. Drei Tage lang fahre ich im Dauerregen bis schliesslich alles durch und durch nass ist und ich mich in ein Backpacker rette. Dann aber geht es erst richtig los. Der Himmel öffnet alle Schleusen und es regnet wie ich es noch kaum je erlebt habe. Bald ist alles überschwemmt, Strassen sind gesperrt und alles ist unter Wasser. Mir bleibts nichts anderes als rumzusitzen und zu Warten. Ich bin aber mehr als glücklich dass ich jetzt wenigstens im Trockenen bin.
Die letzte Nacht vor Sydney verbringe ich im Royal National Park. Schon cool dass man gleich ausserhalb der Grossstadt noch immer im Busch zelten kann. Auf der Fahrt rein ins Zentrum halte ich wie immer Ausschau nach einem Radweg. Endlich sehe ich ein grosses Schild. Als ich nach ein paar hundert Metern feststelle, dass dieser nur im Kreis um einen Rasenplatz führt halte ich allen Ernstes nach der versteckten Kamera Ausschau. Die nächsten 2 Schilder leiten mich jeweils in einen Hinterhof wo der Weg endet. Langsam wird mir klar, Sydney und Velo das harmoniert etwa so gut wie Hund und Velofahrer, diese Stadt ist definitiv nichts für Radler. Einmal das Velo parkiert gewinnt die Stadt dann aber immer mehr an Attraktivität. Ich bleibe gut eine Woche und besuche viele Freunde die mich eingeladen haben. In unmittelbarer Nähe der Stadt kann man baden, surfen, schnorcheln, Mountain Biken, etc. das ist schon genial.
Es ist die längste Pause die ich bis jetzt auf dieser Reise gemacht habe und ich geniesse es, für ein paar Tage ein Zuhause bei Freunden zu haben.
Sydney ist es etwas wie ein Wendepunkt in meiner Australienreise. Ab hier geht es nun wieder zurück nach Westen um dann später ins Zentrum rein zu fahren. Ich fahre also noch einmal etwas nördlicher durch die Berge New South Wales und Victoria's. Diese sind zwar nicht besonders hoch, aber anders als bei anderen Gebirgen wo es meist grosse Flüsse hat, welche Täler geformt haben welchen dann die Strasse folgt, fehlen diese grossen Flüsse hier völlig und das Ganze ist ein einziges wildes Auf und Ab. Das in Kombination mit der offensichtlichen Abneigung Australischer Strassenbauer gegenüber jeglichen Kurven geht ganz schön in die Beine. Aber ich beklage mich nicht, ganz im Gegenteil. Jetzt im Herbst ist es einfach herrlich hier und kaum jemand ist unterwegs und es werden die letzten Berge für eine Weile sein.
Nach den vielen Regenfällen ist alles herrlich grün. Die Bauern jubeln sie hätten noch nie so saftig grünes Gras gesehen hier. Ich folge ein paar Tage dem Murray River dann geht es quer durch die Goldfields, wo um 1850 ein eigentlicher Goldrausch stattgefunden hatte.
Der Mt Arapiles ist das wichtigste Klettergebiet Australiens. Ein toller Ort auch wenn ich nur zuschaue. Nachdem ich nun in den letzen Wochen meist durch Berge und Farmland gefahren bin, geht es nun ab hier wieder raus ins Outback, in den Busch. Bei der Sicht vom Gipfel nach Norden, wohin ich nun fahren werde, muss ich zweimal schlucken. Eine einzige unendlich weite Ebene tut sich vor mir auf und wenn ich es nicht besser wüsste, hätte ich doch glatt geglaubt bereits Darwin am Horizont zu entdecken...
Vor der Piste durch den Big Desert Park haben mich nun schon ein paar gewarnt. Umso gespannter bin ich auf die Strecke. Wie erwartet ist es recht sandig, aber immer nur soviel, dass ich gerade noch durch komme. Es ist mal wieder eine tolle Fahrt mitten durch eine Art Halbwüste. Nach einer Weile sehe ich eine riesige Rauchwolke voraus, ein Buschfeuer? Blos das nicht, hier von einem Buschfeuer überrascht zu werden ist das Letze was ich will. Meine Route scheint zwar am Feuer vorbei zu führen, aber der Wind kann schnell drehen und einem Feuer davon zu fahren ist definitiv unmöglich. Entsprechend nervös fahre ich weiter. Als ich auf der Höhe des Feuers bin, sehe ich eine Gruppe Park Ranger. Die staunen erst nicht schlecht, als sie mich hier angerollt sehen kommen, können mich dann aber beruhigen, dass es sich 'nur' um ein kontrolliertes Buschfeuer handelt, ich könne problemlos weiterfahren.
Einmal mehr staune ich, wie schnell die Temperaturen sich ändern. In den Bergen Victorias war es äusserst angenehm und am Morgen bin ich dann jeweils etwas läger liegen geblieben, weil es noch recht frisch war. Genau als ich zurück nach South Australia komme, ist die Hitze zurück und wie! Seither bin ich wieder vor Sonnenaufgang auf der Strasse weil es dort am Nachmittag kaum noch auszuhalten ist.
Seit Sydney habe ich übrigens noch einen neuen 'Begleiter'. Ich fahre seither mit einem Anhänger. Dave, den ich in Sydney besucht hatte, hat ihn mir ausgeliehen (thank's again mate). In den nächsten Wochen will ich ja ins Zentrum rein fahren und da werde ich wieder viel Wasser transportieren müssen und froh um die Kapazitäten sein.
Bevor ich in Melrose dort wieder auf den Mawson Trail treffe, wo ich damals gestartet bin, fahre ich noch einmal runter zur Küste. Ein letztes Bad im Meer will ich mir noch gönnen ehe es auf die lange Fahrt durchs Zentrum geht.
Mit jedem Kilometer nördlicher wird es nun immer abgelegener. Der Trail führt meist über kaum benutze staubige Feldwege, oft wilde Hacken schlagend kreuz und quer durch die Landschaft. Das ist grossartig und meist fernab jeglichen Verkehrs. Am Besten aber schaue ich nicht auf die Karte. Als ich heute nach 80km über übelste Holperstrecke die Hauptstrassse gequert habe, stand da auf dem Schild 23km zurück zu dem Ort wo ich gestartet bin...
Die Fahrt durch die Flinders Ranges wird zu einem Höhepunkt des gesammten Mawson Trail. Schlicht atemberaubend die Landschaft hier mit dem niedrigen, lichten Wald und den markanten roten Felsen im Hintergrund. Das Beste aber ist der Trail selber. Es ist die Krönung diese 900km langen Mountain Bike Trails auf engen Pfaden durch diese tollen Wälder, ständig ausgetrochnete Bachbette querend. Am schönsten ist es immer am frühen Morgen.Die Farben sind dann unglaublich intensiv, es ist noch angenehm kühl und die zahllosen Tiere sind dann noch besonders aktiv.
Ich habe erstmals einen Platten am Anhänger. Der Schlauch ist schnell geflickt, doch danach gibt es Probleme beim Aufpumpen. Ich hatte ja extra noch versucht Schläuche mit französischen Ventilen zu finden welche ich auch am Velo verwende, doch die scheint es hier nicht zu geben. Egal dachte ich, ich kann ja die Pumpe umstellen für beide Ventile. Getestet habe ich es aber nicht und nun als ich es brauche funktioniert die Pumpe doch tatsächlich nicht und meine Notpumpe ist auch nur für französische Ventile. Da sehe ich nun plötzlich ganz schön alt aus hier mitten auf der abgelegenen Strecke.
Mitten in der Nacht kommt mir die rettende Idee. Wieso nicht einen Reserve-Schlauch vom Velo nehmen. Der ist natürlich 26'' anstatt 16'' und fast doppelt so gross. Ich wurstle den Schlauch aber einfach rein und pumpe. Ob es funktioniert? Nun ich fahre noch immer damit...!