Drei Tage bevor ich fliege kriege ich meinen Pass mit dem letzten Visum zurück. Puuh, das war knapp, jetzt kann es aber losgehen!

Das Kirgisische Visum soll man direkt am Flughafen erhalten können. Ob die auch schon Morgens um 5 etwas davon wissen wollen? Tatsächlich, das Büro ist offen und ich kann problemlos einreisen. Im Flugzeug waren nur noch etwa 20 andere Passagiere und so stürzen sich nach der Imigration all die Taxifahrer auf mich. Als ich ihnen aber klargemacht habe, dass ich ja ein Velo habe, helfen sie mir beim Bereit machen. Es wird gerade hell als ich losfahre. Es ist stark bewölkt. Genau als ich die Stadt-Grenze erreiche beginnt es zu regnen. Das ist ja ein Empfang, jetzt blos schnell das Guesthouse finden.

Am ersten Abend treffe ich mich bereits mit Ariane und Oskar, die hier für IKRK/UN arbeiten. Sie können mir viele gute Tipps geben, welche Pässe den schon offen sind und was bereits machbar ist. Mir war natürlich schon klar, dass ich im April hier noch nicht in die ganz hohen Berge kann.

Genau an dem Tag als ich starte wird es nach den bisher eher feucht-kalten Tagen so richtig warm. Ich habe mir vorgenommen es langsam anzugehen. Bei der Ausfahrt von Bishkek sehe ich erstmal die Bergkette gleich südlich davon. Wow, hätte ich wohl doch besser die Skis mitnehmen sollen?

Und dann stehe ich da, am Fusse des Töö-Ashuu Pass. 2400 Höhenmeter liegen vor mir... äh wie war jetzt das mit dem langsam starten? Ich leide ganz schön, bis ich da oben bin. Meine Vorbereitung bestand ja auch eher aus Speck anessen anstelle von radfahren. Oben auf 3100m liegt noch einiges an Schnee. Auf der anderen Seite sehe ich erstmals in die Berge des Tien Shan - das sieht ja vielleicht genial aus.

Ich fahre durch einen schönen Canyon und hier ist es bereits richtig heiss. Die Strasse bietet auch schon einige Überraschungen und alles wird schon mal ordentlich durchgerüttelt - ideal zum feststellen, ob auch wirklich alle Schrauben halten...

Auf den Wiesen hat es noch praktisch keine Yurten. Die Leute in den kleinen Dörfern durch die ich fahre scheinen sich gerade so langsam darauf vorzubereiten, den Sommer auf ihren Jailoos (Sommerweiden) zu verbringen.

Wenn ich in anderen Ländern durch so kleine Dörfer fahre, werde ich oft von den Jungs auf ihren Velos ein Stück begleitet. Hier in Kirgistan reiten sie mit dem Pferd neben mir her!

Ich fahre zum Issyk Köl. Er ist neben dem Titicaca See der zweitgrösste Bergsee. Unglaublich wie schnell die Landschaft ändert: Während ich ganz im Westen des Sees durch eine trockene Steppe fahre, sind es im Osten grosse, fruchtbare Felder.

Eigentlich möchte ich von Karakol aus gerne in die Berge rein. Doch ein Blick da hoch reicht: Das ist alles noch tief verschneit, keine Chance. Also geht es weiter mit der kleinen Seerundfahrt, soll ja gut sein um Kondition aufzubauen...

Der Blick über den See mit den gigantischen Bergen im Hintergrund ist aber auch so atemberaubend.

Das Potential für flache Strecken ist nun aber erschöpft, also rein in die Berge. Der Dolon Pass auf dem Weg nach Naryn ist gut 3000m hoch, knapp unterhalb der Schneegrenze.

Ich komme dann aber doch nicht rüber, ohne einen kleinen Schneesturm...

In Naryn erfahre ich leider, dass der Pass rüber ins Fergana Tal noch nicht offen ist - Schade. Das Tal nach Naryn ist schon das Letzte vor dem Torugart Pass. Die Sicht auf die At Bashy Bergkette verschlägt mir fast die Sprache. Ich fahre bis nach Tash Rabat hoch, ein Caravanserai (15Jht) der alten Seidenstrasse.

Abends kriege ich meisten Besuch von Hirten wenn ich zelte. Heute kommt ein Vater mit seinem Sohn vorbei. Ich könne doch unmöglich hier bleiben über Nacht. Ich versuche ihnen zwar klar zu machen, dass ich das jede Nacht so mache und bisher noch kein Wolf kam, lasse mich dann aber gerne überreden mit zu ihrem Haus zu kommen.

Die Leute nehmen mich unglaublich freundlich auf und wir sitzen lange zusammen und schauen Fotos an.

Der Song Köl ist ein Bergsee auf 3000m. Ab Juni ist er umgeben von Yurten und Hirten die hier mit ihren Tieren den Sommer verbringen. Die meisten Zufahrtstrassen führen aber über Pässe die jetzt noch verschneit sind. Schon auf dem Hinweg wollte ich versuchen dahin zu fahren. Musste dann aber einsehen, dass da noch zuviel Schnee liegt.

Jetzt auf dem Rückweg will ich es noch einmal versuchen. Hier vom Süden her hat es eine Strasse die ev. schon fahrbar ist. Es wird eine wunderschöne Fahrt durch alpine Täler. Sogar Wald hat es hier! Die letzte Steigung hat es dann aber ganz schön in sich. Mit dem Mountain Bike gerade OK aber mit einem 50Kg schweren Reisevelo eine ganz schöner Kraftakt. Oben erwartet mich ein grösstenteils noch zugefrorener See inmitten einer tollen Landschaft - vollkommen menschenleer.

Bei Kochkor soll es auch einen schönen Bergsee haben, den Köl Ükök. Als ich bei der Tourist Info frage, ob man da mit dem Velo hochfahren könne meinen sie blos "well, it's never been done..." Ich nehme vorsichtshalber nur das absolut notwendigste mit. Es ist tatsächlich eine knackige MTB-Strecke, aber mit dem wenigen Gepäck komme ich bis fast zum See. Dieser ist noch zugefroren und umgeben von einigen tollen gletscherbedeckten Berggipfeln.

Der erste Monat ist schon fast um und ich fahre also zurück nach Bishkek, wo ich einige Tage das Stadt-Leben geniesse ehe es wieder auf die Strasse geht.